Letztes Update: 1. November 2023, 10:02
Eine kurze, aber durchaus interessante Buslinie führt ab dem Bahnhof Rickenbach-Attikon an der Bahnlinie Winterthur – Frauenfeld – Weinfelden in die äussersten Ecken des Kantons Zürich an der Grenze zum Thurgau. Diese Linie 615 war zwischen 2014 und 2021 Einsatzgebiet des ersten (und einzigen) Anhängerzuges der PostAuto-Region Zürich, einem Göppel-Train des inzwischen konkursiten Herstellers Göppel. Die „Komposition“ stellte am Bahnhof halbstündlich Anschluss auf die S8 und S30 her – inzwischen wird die Linie von Montag bis Freitag mit Gelenkbus, am Wochenende mit Standardbus bedient.
Erstes Dorf, das durchfahren wird, ist das zu Rickenbach gehörige Sulz, eine von vielen stark wachsenden Wohngemeinden im so genannten „Speckgürtel“ rund um die Stadt Winterthur, der mit tiefen Steuern und billigem Bauland Stadtflüchtlinge anzieht. Bei der Haltestelle Sunnezirkel ist ein MAN A21 unterwegs in Richtung Bahnhof Oberwinterthur – der Endstation am Wochenende.
Nach Rickenbach folgt ein sanfter Abstieg ins Thurtal, welches hier noch rund 50 Höhenmeter tiefer liegt als die Bahnstrecke Winterthur – Frauenfeld. Der Bus im Bild ist unterwegs Bergwärts, hinter dem Fotografen fliesst der Schwarzbach, welcher die kleine Ebene um Sulz und Rickenbach entwässert.
In Ellikon ist dann die frühere Endstation der Buslinie erreicht (welche zu noch früheren Zeiten weiter bis in den Thurgau führte, was aber im Zuge der Einführung der Verkehrsverbunde Anfang der 1990er-Jahre aufgegeben wurde). Der Anhängerzug wird in Kürze in der engen Wendeschlaufe eine 270-Grad-Kurve fahren und danach durch die Thurebene weiterfahren…
…bis ins kleine Altikon. Der Bahnhof besitzt zwar eine „eigene“ Bahnstation Thalheim-Altikon, welche aber nach heutigen Masstäben nicht mehr nahe genug am Dorf liegt (2 Kilometer über das offene Feld sind zurückzulegen). Schon in den Anfängen des ZVV wurde das Dorf deshalb mit dem Bus erschlossen, damals noch mit der Linie Seuzach – Andelfingen; später wurde dann auf die heutige Lösung gewechselt, welche mehr Vorteile bringt.
Ein Relikt aus früheren Zeiten war die Weiterführung der Linie 615 bis zum Bahnhof Oberwinterthur, welche zuletzt nur noch am Sonntag und spätabends durchgeführt wurde. Hier verlässt ein MAN A21 den Bahnhof in Richtung Wiesendangen, Rickenbach und Ellikon (Altikon wurde lange Jahre nur von jedem zweiten Kurs bedient).
Zweck der Kursverlängerung war einerseits die Bedienung des Dorfes Wiesendangen (das von Montag bis Samstag mit einem eigenen Ortsbus halbstündlich erschlossen wird). Bei der „Wisenthalle“ (dem Gemeindesaal der ebenfalls stark gewachsenen Gemeinde) ist der Bus im Bild unterwegs in Richtung Bahnhof, wobei er auf seiner Fahrt auch den gemeindeeigenen Bahnhof Wiesendangen (der nach der neusten Bautätigkeit nicht mehr auf grüner Wiese, sondern am Dorfrand liegt) passieren. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2018 wurde der Betrieb des Wiesendanger Ortsbusses auf die Randstunden und den Sonntag ausgedehnt, womit die Verlängerung der Linie 615 überflüssig wurde.
Stattdessen erreicht das Fahrzeit der Linie mit einer Leerfahrt den Bahnhof Thalheim-Altikon und beginnt von dort eine Fahrt über die Linie 612, welche den Bus zum Bahnhof Seuzach (mit S-Bahn-Anschluss von und nach Winterthur) führt. Auch besteht hier Anschluss an die Winterthurer Stadtbuslinie 674, welche seit ihrer Einführung Anfangs 2011 von hier über den Rosenberg nach Winterthur führt.
Als erstes wird nach Seuzach die Gemeinde Dinhard in einer ausgedehnten Schlaufe bedient – die Gemeinde ist auch der Grund, warum die Linie 612 im Dezember 2018 ein Wochenend-Angebot erhielt, denn deren Hauptort ist durch den mehrere Kilometer entfernten gleichnamigen Bahnhalt im Ortsteil Welsikon gemäss ZVV-Richtlinien nicht erschlossen. Das Recht auf eine Erschliessung gemäss den entsprechenden Richtlinien musste sich die Gemeinde allerdings «erklagen», hatte der ZVV doch den Bedarf nach einer ganzwöchigen Linie stets verneint. Kurz nach Bestellung des neuen Angebots änderte die damals noch klar bürgerlich dominierte Zürcher Politik dann einfach die entsprechenden Richtlinien – heute hätte die Klage der Gemeinde wohl keinen Erfolg mehr. Der Bus, noch in den Farben der bis Ende 2015 mit eigenen Fahrzeugen und dann bis 2018 mit Postautos hier tätigen Firma Knöpfel Reisen, ist unterwegs vom Ortsteil Grüt zum Bahnhof Thalheim-Altikon.
An Werktagen ist das Ziel der Linie der Bahnhof Andelfingen, wo Anschluss mit der Linie S24 nach Winterthur und Schaffhausen besteht. Vor dem dortigen Bahnhofsgebäude wartet das von 2015 bis 2018 hier eingesetzte Fahrzeug vom Typ A21 von PU Knöpfel auf die Rückfahrt nach Seuzach.
Die Fahrt zwischen Andelfingen und Thalheim-Altikon führt durch die kleinen Dörfchen Adlikon und Niederwil (Teil der 700-Einwohner-Gemeinde Adlikon), Gütighausen und Thalheim. Der Knöpfel-Citaro kommt von Seuzach her und passiert gerade die Abzweigung nach Niederwil – nach einer kurzen Stichfahrt ins Dorf Gütighausen wird der Bus in zwei Minuten hier vorbeikommen und dann die andere Abzweigung nehmen.
Die Gemeinde Thalheim, zu der auch Gütighausen gehört, hiess bis 1878 Dorlikon – der (aufgrund des Schimpfwortes «Tor» wenig schmeichelhaft klingende) Name wurde dann mit Genehmigung des Regierungsrates geändert. Den Bahnhof teilt sich die Gemeinde mit Altikon, beide Dörfer sind je etwa einen Kilometer vom Kreuzungshalt an der Linie Winterthur – Stein a.Rh. (S29) entfernt. Der MAN hat vor kurzem Thalheim bedient und fährt nun bergwärts bis zum Bahnhof. Altikon wird von der am Anfang der Galerie erwähnten Linie 615 bedient und hat keine direkte ÖV-Verbindung zu seinem Bahnhof.