Letztes Update: 13. Mai 2023, 17:05
Die um 2010 fusionierte Gemeinde Bagnes wird durch mehrere Buslinien erschlossen, welche bis Ende 2021 durch PostAuto bedient wurden. PostAuto-Unternehmer auf dem ganzen Netz war TMR SA aus Martigny, welcher die Linien 2004 vom Vorgänger Perrodin übernahm. Ausgangspunkt des Netzes war am Bahnhof Le Châble, wo die Anschlüsse der aus Martigny kommenden TMR-Züge abgewartet werden. Diese fahren seit 2019 in einem unterirdischen (und massiv überdimensionierten) Bahnhof ab, während die Busse mit dem dritten Provisorium in kurzer Zeit vorlieb nehmen müssen – im Bild warten Fahrzeuge aller drei Linien auf ihre Abfahrt: Links ein Midibus nach Mauvoisin, rechts nach Verbier und dazwischen der Kleinbus für die Fahrt nach Moay.
Die Fahrt nach Verbier war die wichtigste der Strecken und die einzige, welche systematisch mindestens mit Midibussen bedient wurde (vereinzelt sind auch Standardbusse zu beobachten). Die Endstation in Verbier lag in einer überdachten Halle hinter dem Postgebäude und ist war wirklich attraktiv – so gab es denn auch einen Wartebereich ausserhalb davon am Tageslicht. Bei Winter hatte die Halle aber den Vorteil, dass der Gepäckverlad im Trockenen erfolgen konnte und auch Busse über Nacht abgestellt werden könnten. Im Bild ist ein Irisbus Crossway 10.6 aus Le Châble gerade eingetroffen, nach einer kurzen Pause wird der Bus wieder zurück ins Tal fahren.
Eigentlich führt nach Verbier eine Seilbahn direkt ab dem Bahnhof Le Châble. Die verschiedenen kleinen Weiler am Hang oberhalb Le Châble – und nicht zuletzt auch die Dörfer Châble und Verbier selbst – verlangen aber nach einer eigenen öV-Erschliessung, und so fuhren fast stündlich Busse ab Le Châble nach Verbier. Im Gegensatz zur Seilbahn waren sie auch mit dem Generalabonnement gratis nutzbar. Der (zum Zeitpunkt der Aufnahme einzige) Crossway-Standardbus hat vor wenigen Minuten die «Bergstation» verlassen und rollt nun talwärts durch «Verbier Village», die Alpsiedlung auf 1400 Meter über Meer, oberhalb welcher sich ab den 1960er-Jahren der mondäne Kurort Verbier (als eigene Ortschaft «Verbier Station» klassiert) entwickelte. Heute wird das GA auch auf der Seilbahn akzeptiert; der Nachfolger TMR hat denn auch die Frequenz auf der Buslinie gegenüber früher klar reduziert.
Die Strasse zwischen Le Châble und Verbier ist fast durchgehend zweispurig ausgebaut und wird trotz paralleler Gondelbahn von vielen Feriengästen befahren, was im Winter gelegentlich zu prekären Situationen führt. Immer häufiger bleibt die Strasse aber auch im Winter schneefrei – wie an diesem Januartag im Jahr 2018, als die Schneegrenze zumindest auf der Sonnenseite nur wenig unterhalb des Dorfes Verbier lag. Der Bus ist bei Fontenelle unterwegs talwärts ins im Winter kaum sonnige Le Châble.
Auf der Verbier gegenüberliegenden Talseite liegt das Dorf Bruson, Ausgangspunkt zum kleineren Skigebiet von Moay. Die wenige Minuten dauernde Fahrt wurde deutlich weniger angeboten als diejenige nach Verbier, im Winter aber dafür durch zusätzliche Skibusse verstärkt. Die Aufnahme zeigt einen Irisbus Crossway am 27.11.2013 unterhalb des Weilers Le Sapey; je nach Anschlusssituation und Tageszeit enden die Kurse im Dorf oder etwas oberhalb beim Parkplatz Valbord.
Im Sommer fuhren die Busse zwei Mal täglich weiter zur kleinen Alpsiedlung Moay, welche im Winter mit einer Seilbahn erreichbar ist. Bis La Côt, einer grösseren Ferienhaussiedlung auf ca. 1550 Metern über Meer, ist die Strasse noch mit Hartbelag versehen und breit genug, um zumindest mit einem normalen PW meist kreuzen zu können…
…danach folgte für die letzten 150 Höhenmeter eine schmale Alpstrasse mit Kiesbelag, welche auch nochmals deutlich schmaler als die vorherige Strecke ist. Trotzdem wurde dem Sprinter-Kleinbus für die zahlreichen Mountain-Biker auch ein Veloanhänger mitgegeben, und die Chauffeure meisterten die Strecke dank ihrer Erfahrung recht problemlos. Auf dieser Aufnahme von Sarah Keller hat der Bus gerade den Skilift, welcher La Côt mit Moay verbindet, unterquert, er wird in Kürze die Haltestelle La Côt erreichen.
An der Endstation in Moay reichte die Zeit höchstens für einen kurzen Kaffee – bis vor wenigen Jahren verbunden mit dem Verteilen der Post, welche hier länger als andernorts noch mit dem täglichen Postautokurs vorbeigebracht wurde. Der 2017 ausrangierte Ducato – einziger Vertreter dieser Bauart bei PostAuto – hat an einem regnerischen Morgen sein Ziel erreicht, der Chauffeur ist bereits im rustikalen Restaurant verschwunden. Später liessen die Fahrzeit und der Veloverlad oft keine Pause für den Fahrer mehr zu. Der Nachfolger TMR bedient die Linie nur noch bis zum Weiler Valbord,
Die dritte und längste Linie führt ab Le Châble auf dem Talgrund weiter taleinwärts. Es ist die «Wohngegend» der Gemeinde Bagnes, mit einem deutlich höheren Anteil an Erstwohnungen und ganzjährig betriebenen Infrastruktureinrichtungen. Der Irisbus Crossway auf seiner abendlichen Fahrt durchquert gerade den engen Dorfkern von Montagnier, um kurz darauf das Alters- und Pflegezentrum der Gemeinde zu erreichen.
Weiter ging die Fahrt über Versegères, wo Schule und Werkhof der Fusionsgemeinde liegen, nach Champsec. Das letzte Dorf im eigentlichen Talboden ist auch Standort einer Kraftwerkszentrale, einer der vielen, welche einer Kaskade gleich die Wasserkraft der Dranse de Bagnes zwischen dem Mauvoisin-Stausee und Martigny nutzen.
Kurz danach ist eine erste Steilstufe zu überwinden, welche den Bus ins kleine Lourtier führt. Der gleichnamige «Torrent» (wie die Bachgräben im Wallis genannt werden) teilt das Dorf zwischen der Kirche und der Post; der Bus überquert ihn auf einer Brücke und wird gleich darauf bei der Post die Liniennummer wechseln…
…und dann talabwärts nach Le Châble fahren. Ausgangsort des Kurses ist Sarreyer, dreihundert Höhenmeter über Champsec am östlichen Talhang gelegen. Die kurze Linie Lourtier – Sarreyer wurde noch bis im Dezember 2006 durch den einheimischen Jean May mit einem Kleinbus bedient, bevor sie in die Postauto-Konzession integriert wurde. Zuletzt gelangten in den Schulferien fast ausschliesslich, ansonsten zumindest auf stärker frequentierten Kursen 10.6-Meter-Midibusse ins kleine Dörfchen. Gewendet wurde zuletzt oberhalb, da im Dorf dafür kein Platz war – der kurz darauf ausrangierte Renault Iliade ist bereits auf der Rückfahrt und erreicht nun die offizielle Starthaltestelle beim alten Werkhof.
Die ursprüngliche Postauto-Linie führte hingegen ab Lourtier gute 800 Höhenmeter aufwärts bis zum Restaurant Mauvoisin kurz unterhalb der gleichnamigen Staumauer – mit immerhin 250 Metern Höhe ist die 1957 fertig gebaute Anlage die zweithöchste der Schweiz und die höchste Bogenstaumauer Europas. Beim alten Restaurant wendeten die Busse in der Sommersaison viermal täglich, bevor die Fahrt wieder zurück ging…
…und zuerst eine eindrückliche Serpentinenserie überwiand. Die Strasse ist hier nur wenig breiter als ein Linienbus, und entsprechend war viel Zeit eingerechnet, um die im bei Wohnmobil-Touristen aus den Benelux-Ländern beliebte Strecke zu befahren. Mit dem letzten Abendkurs wurde die Zeit allerdings kaum noch benötigt, denn Bergverkehr gibt es zu der Zeit kaum noch.
Nach einer kurzen Fahrt durch das weite Tal ist dann auch schon Fionnay erreicht, ein Kraftwerksdorf, das erst mit dem Bau des hier angesiedelten Elektrizitätswerks und Ausgleichsbeckens des Sees zu einem ganzjährig bewohnten Ort wurde. Unterwegs passieren die Busse auch die Alpsiedlung Bonatchiesse, die mit Streichelzoo und Zeltplatz zum beliebten Abenteuerferienort ausgebaut wurde, seinen alpinen Charakter aber gut behalten konnte.
Nach Fionnay folgt eine weitere Alpsiedlung, die heute vor allem als Zweitwohnsitz von Leuten weiter unten im Tal dient: das mit einem massiven Schutzwall gegen die Dranse abgesicherte Plamproz (Schreibweise, wie so oft im Wallis, je nach Quelle variierend). Während im Haupttal sich bereits die Gewitterwolken türmen, rollt der Crossway hier im südbeeinflussten Sonnenschein bergwärts und wird in Kürze die Steigung zur Staustufe von Fionnay in Angriff nehmen.
Auch die unterhalb gelegene Steilstufe zurück nach Lourtier wird mit sehenswerter Strassenführung überwunden – die schmale Strasse führt auch durch einen direkt in den Fels gesprengten Tunnel; nur rund um die Kehren wurde die Fahrbahnbreite ausgebaut, um ein Passieren mit den heutigen Fahrzeugen überhaupt zu ermöglichen. Mit Blick auf Lourtier wird der Crossway demnächst die nächste Kehre und dann den Tunnel passieren, bevor er in etwa fünf Minuten das Dorf erreicht.
Im Winter (bzw. ausserhalb der Mauvoisin-Saison) nahmen die Postautos den Fahrweg über die für den Kraftwerksbau erbaute, neuere Strasse über La Barmasse auf der anderen Talseite. Jener hang ist, im Gegensatz zum auf der Gegenseite erkennbaren, von Gräben durchsetzten Lawinenhang mit der Sommerstrasse, deutlich lawinensicherer, wobei aber auch hier gefährliche Gräben mit Tunnels passiert werden.
Meist wurde im Winter auch ein kleinerer Sprinter eingesetzt, der (ausser an schönen Skitouren-Tagen) für das Passagieraufkommen hier gut ausreichte. Bei viel Neuschnee oder sonstiger Lawinengefahr wird der oberste Teil vorbei am Ausgleichsbecken durch einen engen und steilen Kraftwerksstollen umfahren – an diesem schönen (aber für Fionnay wegen der Kessellage trotzdem schattigen) Wintertag ist der Sprinter hingegen auf der «Normalroute» unterwegs abwärts zurück nach Le Châble. Mit der Neuausschreibung per Ende 2021 wurde auf die winterliche Linienführung verzichtet, heute fahren im Winter keine Busse mehr zwischen Lourtier und Fionnay.
Die vierte Bagnes-Linie führte schliesslich ab Sembrancher bergwärts nach Levron. Bis Sembrancher wurde allerdings nur für Schüler gefahren – der Anschluss an die Bahn wurde bei der Mini-Haltestelle Etiez hergestellt, wo am 24.7.2009 ein Renault-Kleinbus auf die wenigen Schulferien-Fahrgäste wartete.
Das Ziel der Linie, Levron, liegt in einem Talkessel 400 Höhenmeter weiter bergwärts. An Schultagen fuhr meist ein Irisbus Crossway 10.6 ab der Garage Le Châble.
Die Bergfahrt führt durch die Lerchenwälder des Val-de-Bagnes, welche frisch verschneit am 27.11.2013 ein wunderbares Bild boten. Mit diesem Bild verabschieden wir uns wieder vom Val-de-Bagnes – genauso wie PostAuto Ende 2021. Der frühere PU TMR ist nun im Tal alleiniger Betreiber aller Buslinien, ebenso wie im benachbarten Entremont.