Letztes Update: 11. August 2023, 22:20
Am Bahnhof Meiringen beginnt nebst vielen anderen Postautolinie auch eine Berglinie, die kaum in einem Zug mit den „grossen“ Zentralalpenpässen genannt wird – zu Unrecht, denn mit ihrer schmalen und steilen Strasse zählt die Linie über die Grosse Scheidegg nach Grindelwald zu den besonders spannenden Passfahrten, die mit dem Bus – aber eben für einmal dank Fahrverbot nicht mit Auto oder Töff – befahren werden kann. Seit der Sommersaison 2019 ist für die Strecke bis zur Schwarzwaldalp PU Flück, Brienz, zuständig, der den PU AVG Autobetriebe, Meiringen, «beerbt» hat; nachdem die entsprechenden Fahrzeuge zuerst von der Regie zur Verfügung gestellt wurden, sind inzwischen wieder vermehrt eigene Fahrzeuge auf der Linie – die klassischen Setra der Regie sind zur eisernen Reserve degradiert.
Ziel der Linie ist die Schwarzwaldalp, ein Gasthaus im Rosenlauital auf 1450 Metern über Meer und Ende der für den allgemeinen Verkehr befahrbaren Strecke. Für die Weiterfahrt über die eigentliche Passhöhe nach Grindelwald muss hier auf den «Grindelwald Bus» der Autoverkehr Grindelwald umgestiegen werden – im aktuellen Fahrplan sind die Anschlüsse nur in eine Richtung schlank, da die Symmetrieachse der beiden Linien abweicht. Im Bild haben die beiden Ivecos aus Meiringen – der Kurs wurde hier, wie so oft an schönen Tagen, doppelt geführt – die Endhaltestelle Schwarzwaldalp erreicht, in Kürze wird der dahinter parkierte MAN-Midibus von Grindelwaldbus mit den Anschlussreisenden nach Grindelwald weiterfahren. In Gegenrichtung beträgt die Wartezeit etwas mehr als 20 Minuten.
In den Sommersaisons von 2015 bis 2018 wurden die Linien aus Meiringen und Grindelwald in der Schwarzwaldalp durchgebunden – möglich machte dies die Tatsache, dass es sich beim Meiringer PU AVG um ein und dieselbe Firma wie die Betreiber des GrindelwaldBus handelte. Das Auslaufen des PU-Vertrages des inzwischen an den Konkurrenten STI verkauften Betreibers führte nun zum Ende dieser sehr attraktiven Direktverbindung – die MAN-A22-Niederflurbusse aus Grindelwald gelangen somit planmässig nicht mehr nach Meiringen. Im Bild hat einer der ersten A22, noch mit grüner Flipdot-Matrix ausgestattet, die Bergpoststrecke bei Lammi bereits verlassen und rollt nun durch Willigen die letzten Kilometer talwärts gegen Meiringen.
Der Weiler Geissholz, ebenfalls zur Gemeinde Schattenalb gehörend, liegt bereits im Bereich der Bergpoststrasse – das eigentliche Dorf wird von der Schwarzwaldalp-Strasse jedoch umfahren, die Busse der Linie 164 bedienen nur die Haltestelle Hori. Die Aufnahme aus 2016 zeigt den damals letzten Saurer RH von Postauto im Linieneinsatz – das Fahrzeug, ansonsten vor allem für Beiwagen verwendet, ist kurzfristig für einen defekten Niederflurbus von Grindelwaldbus eingesprungen. Ende 2018 ist der Bus definitiv aus dem Kurseinsatz ausgeschieden.
Der eigentliche Anstieg beginnt hinter Geissholz und führt unter anderem auch über zwei Holzbrücken hinauf zum Gasthaus Zwirgi, unweit der Bergstation der Standseilbahn Reichenbachfall gelegen. In der engen Kehre ist ein MAN A22 unterwegs talwärts – bei den Fahrzeugen handelt es sich um normal breite, aber verkürzte und einfach bereifte Midibusse mit 350-PS-Motorisierung.
Nach dem Zwirgi führt die Strasse hinein ins Reichenbachtal, das sich mehrheitlich als Schlucht präsentiert. Bei Bühl-Oberzwirgi ist dieser Setra 412UL unterwegs, neben der provisorischen Absperrung fällt das Gelände steil ab zum Bach.
Mehrmals werden grössere Geländestufen mithilfe von Kehren überwunden. Diese sind durch die 10.9 Meter langen Linienwagen knapp ohne mehrmaliges Ansetzen zu bewältigen; viel Reserve besteht aber nicht, wie diese Aufnahme eines Hess-Bergbusses zwischen Zwirgi und Kaltenbrunnen beweist. Die Niederflurbusse wurden 2013 übernommen und ermöglichten die Ausrangierung der letzten NAW; dem Niederflureinstieg fielen allerdings mehrere Sitzplätze «zum Opfer», weshalb noch häufiger Doppelführungen notwendig sind als ohnehin schon.
Bei Gschwandtenmaad auf rund 1'300 Metern über Meer öffnet sich das Tal zu einer breiten Schwemmebene, und die Alphütten haben sich zu einer kleinen, nur im Sommer bewohnten Siedlung verdichtet. Vor der Kulisse des 3692 Meter hohen Wetterhorns ist ein Setra 412UL kurz vor Saisonschluss unterwegs talwärts – die Alp ist bereits geräumt, das Kuhgeläute verstummt.
Kurz darauf folgt das Hotel Rosenlaui. 1904 neben einem Badekurhaus aus 1862 erbaut, zieht das historische Hotel viele Gäste an und dient nebenbei auch als Ausflugsrestaurant für die Besucher der Gletscherschlucht, welche im Rücken des Fotografen liegt und die 1901-1903 für den Tourismus erschlossen wurde. Das ganze geschah damals auf Fusswegen – die Buslinie ins Tal wurde erst 1966 eingeführt. Der Iveco LE nimmt nach dem Halt beim Hotel die letzten Höhenmeter bis zur Schwarzwaldalp in Angriff…
…welche ihn auf die zweite von drei grösseren Ebenen im Tal führt. Von 1993 bis 2007 wurde der Linienverkehr im Tal durch die NAW/Hess BH4-23 geprägt, welche mit ihren nur 2.3 Metern Breite und dem kurzen Radstand für die engen Bergstrassen optimal geeignet waren; mit den aktuellen Crossway steht nach Setra 412UL und Hess-Bergbussen bereits die überübernächste Generation im Einsatz.
2015-2018 gelangten die Postautos, wie gesagt, viermal pro Tag über die Schwarzwaldalp hinaus bis Grindelwald, im Gegenzug gelangten die Grindelwaldbusse ebensooft nach Meiringen. Im Bild erreicht ein Setra 412UL gerade die Busstation Grindelwald beim Bahnhof, wo er eine halbstündige Pause verbringen wird.
Im Gegensatz zu den grundsätzlich zuschlagsfreien Postautolinien wurde und wird auf dem Grindelwalder Bergabschnitt stets ein Zuschlag zu Pauschalfahrausweisen fällig – allerdings erst ab der Haltestelle «Oberer Gletscher», wo das Ortsbusnetz endet. Hier, auf 1228 Metern über Meer, beginnt der Anstieg über 750 Höhenmeter zur Passhöhe – für den MIV ist diese extrem schmale Strasse grundsätzlich gesperrt, und die Busse müssen an definierten Ausweichhalten die Gegenkurse abwarten. Am frühen Morgen ist der Parkplatz beim schön gelegenen Berghaus noch fast leer, und der Bus wartet hier einige Minuten Reservezeit ab, die er später am Tag dringend brauchen dürfte.
Auf der Bergstrecke mit ihren zahlreichen Kehren geht der Blick stets zum gegenüberliegenden Schreckhorn (4078 Meter) und dem noch bekannteren, aber nur 3970 Meter hohen Eiger. Der Setra 412UL, der als erstes morgendliches Postauto nach Grindelwald gelangt ist, erreicht soeben die Haltestelle Abzweigung Glecksteinhütte, wo auch gleich eine der genannten Ausweichstellen liegt.
Noch näher als der Eiger ist das Wetterhorn, das quasi direkt oberhalb der Passstrasse liegt. Der daneben «hängende» Gutzgletscher sorgt auf der Strasse gelegentlich für Action, wenn grössere Eisblöcke abbrechen und wenig von Strasse und Wanderweg entfernt in kleinste Eiskörner zersplittern. An diesem frühen Herbstmorgen ist die Sonne aber noch versteckt und das Eis kalt genug, um kompakt zu bleiben. Der Hess-Bergbus ist unterwegs talwärts beim oberen Lauchbühl.
Aufgrund der west-ausgerichteten Lage der Bergstrecke ist zumindest im Sommer, wenn die Sonne lange genug über dem Eiger bleibt, bis zum Abend Sonne am Berghang der grossen Scheidegg. Der Blick geht zurück über die oberen Ortsteile von Grindelwald ins Tal. Die schmale Bergstrasse ist wie üblich verkehrsfrei und der A22 ungehindert auf dem Weg bergwärts – die dafür notwendigen Tafeln sind inzwischen auf verschiedene, teils auch ziemlich exotische Sprachen übersetzt worden, drängen doch auch ausländische Mietwagenfahrer über den gemäss einigen Navis schnellsten Weg von Grindelwald nach Meiringen.
Wenig unterhalb der Passhöhe passiert dieser Hess-Bergbus die kleine Mulde mit den Antseeuwen, mehreren sehr kleinen Bergseelein, die aus diesem Winkel nicht sichtbar sind. Vorbei an einer Notausweiche aus Kies…
…ist in Kürze die Passhöhe auf «nur» 1962 Metern über Meer erreicht; sie ist der Ausgangspunkt für diverse Wanderungen, etwa die berühmte «Wanderautobahn», wie der gut ausgebaute, landschaftlich sehr schöne Höhenweg zur Bergstation First scherzhaft genannt wird. Gemeinsam ist allen Wanderwegen nur die Tatsache, dass sie höchstens für einige Meter südöstlich der Passstrasse verlaufen – jenes Gebiet am Fuss des Wetter- und Wellhorns ist ohne Bergsteigerausrüstung nämlich kaum zu bewältigen.
Auf der Rückseite des Passes geht die Konzession von Grindelwaldbus wie erwähnt weiter bis zur Schwarzwaldalp. Der oberste Teil der Strecke dient im Winter als Schlittelweg, der dann ebenfalls mit Postautos bedient wird – diese müssen ab Meiringen abschnittsweise mit Seilwinden über vereiste Partien gesichert werden. Im Sommer ist die Landschaft dagegen eine einzige grosse Alp; der Setra 412UL (Postauto fährt im Gegensatz zu Grindelwaldbus teilweise auch Stammkurse mit diesen komfortablen Hochflurern) hat vor kurzem die Passhöhe verlassen und rollt talwärts gegen Meiringen…
…wobei er kurz darauf mit dem Gegenkurs kreuzen wird. Beim Chalberboden mit seinem namenlosen, aber fotogenen See ist der Wagen kurz darauf bergwärts unterwegs.
Bei Alpiglen erreicht die Buslinie erstmals das eigentliche Rychenbachtal – das Wasser entspringt an den schroffen, bei der Eröffnung der Buslinie noch stark vergletscherten Hängen des Wellhorn und Klein Wellhorns. Die felsigen Berge machen auch heute ohne Eis noch Eindruck – in der alpinen Landschaft erreicht der Setra 412UL auf Nachmittagsfahrt aus Meiringen in Kürze den Schatten eines am First entstehenden Gewitters.