Letztes Update: 13. April 2024, 21:07
Der Bahnhof Airolo ist das erste, was Bahnreisende aus dem Norden im Tessin zu Gesicht bekommen. Am eher trostlosen Knotenpunkt begann bis Ende 2020 auch eine der längsten PostAutolinien des Kantons, und eine der wichtigsten im Sopraceneri, mit durchgehendem Stundentakt: Jene nach Bellinzona, 1994 eingeführt als Ersatz für die abgeschafften SBB-Regionalzüge auf der Gotthard-Südrampe. Seit Ende 2020 trägt die Linie die Nummer 120 und endet in Osogna; zwischen Bellinzona und Biasca verkehrt die Linie 221. Auf der Aufnahme treffen sich ein Volvo 8900LE von PU Barenco, Faido – der die Linie seit 2010 zusammen mit PU Marchetti, Airolo, weitgehend niederflurig bedient – und ein Sprinter von PU Marchetti, Airolo, der von hier ins Bedrettotal fährt.
Schon nach wenigen Metern durch das Dorf Airolo wird die Linie erstmals gebirgig und durchquert die kurze, steile Stalvedro-Schlucht mittels Tunnel. Im Bild der (einzige) Setra 415NF von PU Marchetti, Airolo, derzeit (Stand 2024) der einzige Vollniederflur-Bus nebst zahlreichen Low-Entry-Fahrzeugen.
Nach wenigen Minuten Fahrzeit wird der erste Umsteigeknoten erreicht: Direkt vor dem Bahnhof Ambrì-Piotta, welcher heute den Geschäftssitz des örtlichen Eishockey-Vereins beherbert, wartet manchmal der Kleinbus nach Lurengo; Da sich die Kurse planmässig in Piotta kreuzen, sind so Anschlüsse in beide Richtungen möglich. Am 20.5.2013 erreicht ein Volvo 8700LE auf der Fahrt nordwärts den Bahnhof, wozu er kurz von der Hauptstrasse abbiegen muss.
In Rodi, bei der Colonia van Mentlen, biegt die Linie nach Dalpe ab. Während Reisende zwischen Dalpe und Airolo inzwischen meist sitzen bleiben können, warten die Kurse den Anschluss aus Faido, im Bild sichergestellt von einem Setra 313UL am 20.5.2010, ab. Unweit der Haltestelle liegt der einstige SBB-Bahnhof Rodi-Fiesso, im Gegensatz zu Ambrì, wo seit Eröffnung des Gotthard-Basistunnels wieder stündlich ein Zug pro Richtung hält, ist er aber komplett aus dem Kursbuch verschwunden.
Unterhalb Rodi folgt die ersten der beiden markanten Steilstufen; die Bahn überwindet sie mittels zwei Kehrtunnels, die Strasse mit mehreren Kehren, und überwacht wird die ganze Szenerie Vom historischen Zollhaus Dazio Grande. Am 28.11.2010 hat ein Setra 313UL von PU Barenco die Steigung fast überwunden, als er die Ortstafel von Fiesso passiert.
Bis zur Eröffnung des Gotthard-Basistunnels Ende 2016 war Faido ein kleiner Anschlussknoten; die Busse Airolo – Bellinzona machten hier einige Minuten Pausen und boten Anschluss nach Bellinzona und aus der Deutschschweiz mit dem Interregio. Mit der Neukonzeption des Angebotes – über den Berg fährt nur noch ein RegioExpress – brauchten die Züge aus der Deutschschweiz länger und der Bus 191 fährt in Faido ohne Anschluss aus Norden weiter. Hingegen ist mit der erfolgten Einführung des Halbstundentaktes in der Hauptverkehrszeit auf der Linie 120 ein Bus-Taktknoten möglich. Vor dem unansehnlichen Bahnhofsgebäude hat der Bus kürzlich den Gegenkurs gekreuzt und fährt nun weiter nordwärts.
Tatsächlich liegt der Bahnhof ziemlich weit ausserhalb des Bezirkshauptortes Faido, und so übernimmt der Bus der Linie 191 auch die Erschliessung des "Borgo". Im Bild passiert ein Fahrzeug unterwegs südwärts den Hauptplatz; Hinter dem markanten Felskegel im Hintergrund liegt das Dörfchen Dalpe, das wie schon erwähnt ab Rodi mit dem Bus erreichbar ist.
Der nächste grössere Ort ist Lavorgo, wo die Buslinien nach Chironico und Sobrio abzweigen. Auch hier hielt von 1994 bis 2016 nur noch je ein Zug morgens und abends - der Bahnschalter war aber nach bis vor kurzem noch besetzt, da das Stellwerk bis heute nicht automatisiert ist. Der Volvo 8700LE hat gerade die Haltebucht wieder verlassen und fährt weiter südwärts, wo in Kürze die letzte Steilstufe wartet. Seit Dezember 2016 halten hier wieder stündliche RegioExpress-Züge – die anschliessenden Buslinien nach Chironico und Sobrio sind seither nur noch teilweise auf die Busse ausgerichtet.
Unterhalb Lavorgo folgt die zweite Steilstufe, welche die so genannte Biaschina-Schlucht umgeht und die bahnseitig aufgrund der übereinander liegenden Spiraltunnels berühmt wurde. Die Strasse quert die Stufe relativ unspektakulär mit einigen Kehren und kurz darauf erreichen die Busse Giornico. Im Gegensatz zu den nördlicheren Gemeinden ist hier der Einfluss der Agglomeration Bellinzona an den zahlreicher werdenden Wohnblocks erkennbar – der Citaro, unterwegs auf dem durch die Regie abgedeckten Umlauf, ist unterwegs talwärts, hat vor kurzem den engen Ortskern passiert und wird in Kürze die Haltestelle Fraggio passieren.
In Bodio waren vorerst keine Bahnhalte geplant, da sich aber im ersten Betriebsjahr der neuen RE-Züge zeigte, dass genügend Fahrzeit besteht, hält seit Ende 2017 auch hier stündlich der Regioexpress. Parallel dazu bedienen die Busse weitere Ortsteile, etwa die frühere Neat-Baustelle mit der heutigen Betriebszentrale für ebendieses Bauwerk. Das Bild zeigt einen nordwärts fahrenden Bus beim Bahnhof.
Biasca ist der Hauptort des Nordtessins – strategisch gut gelegen an der Verzweigung von Gotthard- und Lukmanierpass war hier über Jahrhunderte ein Verkehrsknoten. Von der Bedeutung im Reiseverkehr zeugt auch noch das Bahnhofsgebäude – seit NEAT-Eröffnung fährt der Transitverkehr mit beschleunigter Strecke um den Ort herum. Die beengte Lage zwischen Bahnhofsgebäude und alter Hauptstrasse ist hingegen geblieben, und so werden die Busse über die ganze Länge des Bahnhofs dort verteilt, wo gerade Platz ist. Nicht zuletzt deshalb wendet die Linie 120 nicht hier, sondern fährt weiter bis Osogna, um den knappen Platz nicht weiter zu verknappen.
Wir bleiben vorerst auf der linken Talseite. Hier fahren die Kurse der Linie 120 noch weiter bis und ab Osogna; ab Biasca verdoppelt durch die Linie 221 Biasca – Bellinzona, welche durch die Regie bedient wird. Zur Bedienung der Dörfer muss oftmals kurz die Hauptstrasse verlassen werden – dieser nordwärts fahrende Citaro LE hat soeben den Halt Osogna Paese (früher durch den Bahnhof Osogna-Cresciano bedient) angefahren und biegt nun wieder auf die frühere Nord-Süd-Hauptachse ein, die seit Autobahneröffnung ausserhalb der Pendler- und Töff-Spitzen recht ruhig geworden ist.
Über Claro erreichen die Busse schliesslich Castione-Arbedo. Der frühere Endpunkt der RhB-Linie nach Mesocco wurde im Rahmen der NEAT- und S-Bahn-Konzepte zum Endbahnhof für die Linien aus Süden ausgebaut und ist nun auch ein kleiner Busknoten geworden. Wer von Süden in die Leventina fährt, steigt statt in Bellinzona mit Vorteil hier von der Bahn auf den Bus um, und umfährt so den Stau der Kantonshauptstadt, in den dieser südwärtsfahrende Citaro LE in Kürze einfahren wird.
Linienendpunkt ist schliesslich der Bahnhof Bellinzona, am Rande der Altstadt des Kantonshauptortes gelegen. Der Bahnhof selbst wurde auf die NEAT-Eröffnung hin umfassend modernisiert, und mit etwas Verzögerung wurde auf die Inbetriebnahme des Ceneri-Tunnels Ende 2020 auch ein neuer Bushof ergänzt, leider deutlich von den wichtigsten Bahnhofszugängen entfernt – und symptomatisch für den Stellenwert des öffentlichen Verkehrs im autoaffinsten aller Schweizer Kantone. Im Bild noch ein Volvo 8900LE von PU Marchetti – ein paar Monate später verschwanden die leventineser PU aus Bellinzona, und seit Dezember 2020 werden einige Kurse auf der Linie 221 auch durch die Autolinea Bleniese im PostAuto-Auftrag gefahren.
Die Buslinie bis Biasca wird heute tagsüber halbstündlich bedient – bis Ende 2020 war dies nur in der HVZ der Fall. Ab 2019 fuhr ein kleineres Fahrzeug aus dem Stadtverkehr in Bellinzona immerhin auch in den Nebenverkehrszeiten zusätzliche Kurse ab Bellinzona bis Claro zur Verdichtung; das kleinere Fahrzeug ermöglicht es, am Zielort Claro nicht nur die Kantonsstrasse, sondern auch die danebenliegenden Fraktionen (welche in der HVZ ohne ÖV-Anschluss sind) anzubinden. Der kleine Bus hat soeben die Haltestelle San Nazzaro bei der gleichnamigen Kapelle bedient und erreicht in Kürze die Endhaltestelle Scubiago. Seit Dezember 2020 sind diese Kurse in der eigenen Linie 208 organisiert.
Die Linie 222 (bis Ende 2020 193), welche von Biasca nach Bellinzona über die rechte Talseite führt, wird bereits seit 2007 nicht mehr von Postauto selbst, sondern mehrheitlich von den Autolinee Bleniesi bedient, welche als Rechtsnachfolger der früheren Biasca-Acquarossa-Bahn den ÖV im Bleniotal bedienen. In Bellinzona enden die Kurse der Linie 193 nicht beim Bahnhof, sondern fahren weiter bis zur Endhaltestelle Espocentro, wo die Busse über das Areal der PostAuto-Garage wenden.
Die Dörfer der rechten Talseite hatten nie einen eigenen Bahnanschluss. Der Setra 415NF hat ab Biasca als erstes Iragna bedient und fährt nun durch das Dorf Lodrino, im Hintergrund sind die Anlagen von einem der zahlreichen Tessiner Granit-Steinbrüche zu erkennen. Die Autolinee Bleniesi setzen üblicherweise immer dieselben Fahrzeuge aus ihrem grossen Park auf der Postautolinie ein; der Setra 415NF im Bild wurde eigens für diese Einsätze als einer der ersten Niederflurbusse des Betriebes angeschafft. Seit Dezember 2020 fahren übrigens auch tagsüber wieder teilweise «echte» Postautos auf der rechten Talseite als Ausgleich zu den ABl-Autobussen auf der Linie 221.