Letztes Update: 1. November 2023, 10:22
Eine lange Linie (rund 75 Minuten Fahrzeit) führt ab Locarno über Intragna und Russo ins wilde, dicht bewaldete Onsernonetal. Heute meist mit Niederflur-Midibussen der Bauart Scania/Hess K320UB bedient, zählt sie auch technisch zu den anspruchsvolleren Beispielen, mit engen Strassen und grossen Steigungen: Spruga liegt rund 900 Meter höher als Locarno. Hier fährt ein Bergbus, vom Depot kommend, am Bahnhof vor, bereit für die lange Fahrt.
In Spruga mit seinen rund 40 Einwohnern gibt es für die Busse, die übrigens alle auch dort übernachten, oftmals längere Pausen – die Linie wird nämlich nur wenige Male am Tag bedient. Hier eine ältere Aufnahme vom Wendeplatz, wie ein Nest an den steilen Berghang geklebt – die Neoplan 312K und mit ihnen handgeschaltete Fahrzeuge sind 2014 aus dem Onsernone verschwunden.
Doch bevor die eigentliche Bergstrecke beginnt, fahren die Busse zuerst einige Kilometer ins «Centovalli» hinein, wie das Tal der Melazza in Anlehnung an seine berühmte Schmalspurbahn auch genannt wird. Nachdem bis Losone parallel zu den Regionalbussen der FART (Ferrovie e Autolinee regionali Ticinesi) gefahren wird, sind die höchstens sechs Postautos pro Tag die einzige ÖV-Erschliessung für Golino mit seinen etwa 300 Einwohnern. Anschliessend folgt eine erste kurze Bergfahrt hinauf nach Intragna, wo parallel zur Centovallibahn mit einem Viadukt der Isorno, Talfluss im Onsernonetal, überquert wird.
Anschliessend beginnt bei Cavigliano die eigentliche Bergfahrt, wobei in einem ersten Schritt bis Auressio etwa 300 Höhenmeter zu überwinden sind. Hoch über dem Isorno geht die Fahrt auf einer abschnittsweise schon recht windschiefen (aber mehrheitlich bereits modernisierten) Strasse hoch über der Schlucht und teilweise direkt in den Felsen bergwärts (hier oberhalb Cresmino)…
…bevor dann in Auressio das erste Dorf im Tal erreicht ist. Dort befindet sich auch die Touristeninformation des Tals – die nur etwa 300 Einwohner im ganzen Tal können die Buslinie kaum am Leben erhalten, ein wichtiger Bestandteil des Fahrgastaufkommens sind deshalb die Ruhe suchenden Touristen, welche die Abgeschiedenheit des Tals schätzen. Nicht wenige haben gleich ein altes Rustico gekauft und bewohnen dieses in den Ferien selbst.
Auch wenn die Luftlinie durch das Tal nicht allzu lang wäre, braucht das Postauto viel Zeit für die Fahrt – Grund dafür ist nicht zuletzt die Strassenführung, welche die Busse dazu zwingt, jedes Seitentälchen auszufahren – hier hat der Bus soeben den Ri del Vo überquert und nimmt nun die kurze Steigung hinauf nach Loco unter die Räder.
Den eigentlichen Talfluss Isorno bekommt der Reisende kaum je zu sehen – er hat sich auf dem eigentlich sichtbaren Grund des Tals zusätzlich eine felsige Schlucht gegraben, die von den am Berghang gelegenen Dörfern kaum einsehbar ist. Die Dörfer selbst sind weitgehend ursprünglich geblieben, mit an den Berghang geklebten Häusern in Massivbauweise. Im Bild ist Mosogno zu sehen, dahinter der nächste Etappenort Russo. Foto: Tis Meyer, www.postauto-schweiztour.ch.
Russo ist der gefühlte Hauptort des Tals, und Anschlusspunkt einer Linie nach Gresso und Vergeletto. Noch immer befindet sich in den Arkaden der alten Bauten im Dorfkern ein kleines Restaurant, wo es sich ganz angenehm warten lässt – meist sind die Anschlüsse aber so gut, dass dies leider nicht notwendig ist. Der Hess-Bergbus aus Locarno hat den Engpass mit Post und Restaurant durchquert und fährt nun weiter nach Spruga.
Vor dem steilen Anstieg nach Crana ist aber ein weiteres, besonders eindrückliches Seitental auszufahren, nämlich das Vergeletto. Die Strasse hier ist erneut direkt in den Fels gehauen; ab Ponte Oscuro, wo die Hauptachse den Talfluss überquert, führt dann die Nebenlinie auf schmaler Strasse weiter ins Vergeletto-Tal, wo die Endstation direkt auf der Piazza liegt.
Im Sommer fahren die Busse ab der Piazza noch einige Minuten weiter zur Luftseilbahn nach Salei, Ausgangspunkt für schöne Wanderungen im hier oberhalb der Strasse erstaunlich mässigen Gelände. Dann ist der eingesetzte Midibus auch wirklich nötig…
…während im Winter ein Sprinter-Kleinbus problemlos ausreicht. Eigentlich ist dieser für die schmale und steile Strasse auch besser geeignet – im Hintergrund sind im winterlich-kahlen Wald die engen Kehren erkennbar, welche den Weg hinauf nach Vergeletto bahnen (Aufnahme auf Talfahrt bei «alla Colletta»).
Auf dem Weg nach Vergeletto wird auch das kleine Gresso (vorheriges Bild hintergrund oben) angefahren, das über eine kurze und sehr steile Stichfahrt erreicht wird. Das Dörfchen ist der Hauptgrund, dass diese Nebenlinie bei starkem Schneefall nur mit einem 7-plätzigen PW bedient werden kann – kaum zu glauben, wenn sich, wie hier, die Midibusse auf dem kleinen Wendeplatz in der Sonne ausruhen können.
Auch die Hauptlinie nach Spruga ist im Winter nicht ganz trivial zum Fahren – zumal in den Tessiner Nordtälern gelegentlich eindrückliche Mengen an Schnee zusammenkommen. Wenige Meter vor der Endstation in Spruga passiert ein klassischer Neoplan N312K mit Rollbandanzeige noch dieses kleine Wegkreuz – eine Portion Gottvertrauen ist wohl elementar, wenn man die felsigen Strassen in diesem Tal als Arbeitsplatz hat… Aufnahme aus dem Archiv von StarniniBus.